Sporočila: 59
Jezik: Deutsch
Hermann (Prikaži profil) 27. november 2007 18:33:07
Ich selber achte in letzter Zeit sehr darauf, und inzwischen macht es mir keine Mühe mehr, für früher häufig benutzen englischen Weichspüler schöne deutsche Wörter zu wählen. Mann weckt manche Gesprächsparter förmlich damit auf. Wenn Du statt E-Mail Netzpost sagst und statt "Coffee to go" Kaffee zum Mitnehmen, dann geht das gleich beim Hörer in den Kopf, man merkt es förmlich. Was könnte man alles für "cool" einsetzen?! Und mal am Rande, ich finde, der Höhepunkt des "Coolseins" ist doch überschritten, inzwischen hat die Sache einen ordentlich abgegrasten Beigeschmack.
TED110 (Prikaži profil) 27. november 2007 18:51:50
Darum verwende ich oft das Wort "toll" oder "flott", vobei man immer aufpassen muss, dass keiner glaubt, ich sei irgendwie ironisch. Ansonsten habe ich mich total daran gewöhnt.
Statt Mp3-Spieler sage ich manchmal auch "vadere mecum", jetzt könnte man mir aber auch Latinizismus vorwerfen . Aber auch ansonsten ist mir der "Mp3-Spieler" sehr geläufig... Player gerade zu peinlich.
Zum "Mobiltelefon" muss ich mich manchmal noch zwingen, auch wenn die Zeit knapp ist. "Handy" ist zwar nicht direkt Englisch, der Wille zum Englischen ist aber da ("handlich").
Du hast Recht, die Leute hören einem dann richtig zu, manchmal auch im negativen Sinne. Z.B. versuche ich auch oft das Wort "scheiße" zu umgehen. Ich habe natürlich nichts gegen das Wort "scheiße", manchmal muss ich es einfach sagen, ich liebe dieses Wort (keine andere Sprache hat so ein tolles und prägnantes Wort dafür!), aber dann bitte nur, wenn es passt. Bei so vielen ist einfach alles "scheiße"... dabei haben wir Deutschen doch auch andere sehr prägnante Wörter... bescheuert, bekloppt, dumm... andere beneiden uns dafür und wir stumpfen ab.
Vielleicht können sich eines Tages die Leute mal am Schopf packen und erkennen, dass unsere Sprache so viel mehr zu bieten hat als Talkshow oder Barbecue.
"DIE ZEIT" hatte ja schon so viele Wörter gebracht, die dabei sind auszusterben. Vielleicht sollten wir mal wieder Deutschlehrer haben, die den Kindern, ob sie wollen oder nicht, die alte Literatur auf interessante Weise zeigen. Bei uns ist das leider momentan das Gegenteil: Es scheint so, als resignieren diese, zwingen uns (!) über moderne (coole) Literatur zu referieren (ich habe mich gewehrt!pf!) und man sagt uns, das Zeitalter der Empfindsamkeit sei voller "Love-Storys".
Individuell ist es ja auch, wenn man "Gewohnheiten", die einem gefallen aus anderen Sprachen mitbringt... anstatt "was ist?" sage ich z.B. oft "hvanær?" (kvanäjir) und werde prompt verstanden, sogar von Schwerhörigen. Muss wohl am Klang klingen. Habt ihr solche "Gewohnheiten" auch manchmal?
Hermann (Prikaži profil) 27. november 2007 19:08:56
Als Begrüßung schmettert man mir immer wieder ein null- und nichtssagendes "Hallo" entgegen. Für "Guten Tag" oder einen ähnlichen Wunsch ist scheinbar die Zeit zu knapp. Ich kontere jetzt mit einem "Saluton". Erfolg: Eine Sekunde Sprachlosigkeit. Herrlich, oder toll, jedenfalls amüsant. "Gxis" ist genau so gut, geht aber hier im Rheinland (Tschüß-Gegend) fast unter.
Lanctupo (Prikaži profil) 28. november 2007 01:57:59
Die Frau war durchaus Deutsche, und sie maulte das keineswegs so ein- bis zweimal pro Woche vor sich hin, sondern 20-30x täglich.
Anfangs dachte ich noch, das verliert sich vielleicht wieder, aber so ca. nach dem zehntausendsten Mal platzte ich dann: Heilandsakrament*, himmelherrgottnochmal*, kruzifixhalleluja*, fluchen Sie bittebitte doch wenigstens auf Deutsch! Sagen Sie wenigstens "Jesus Christus!", und nicht dauernd dieses saublöde* englische "Tschieses Kraist!" da!
(Anm.: Die mit * Sternchen markierten Worte benutzte ich in Wirklichkeit höflichkeitshalber nicht.)
Die Dame (ich war Mitte 20, sie Ende 20, mir also an Weisheit und Lebenserfahrung Generationen voraus) zeigte sich zunächst ein, zwei Sekunden verdutzt, dann war die Halswirbelsäule auch schon wieder eingerenkt; sie setzte das verächtlichstmögliche Gesicht auf und spülte mich nachwachsendes Würmchen quasi in einem Schwall den Ausguss runter, indem sie betont gelangweilt sagte: "Ach ja. Neue deutsche Welle, was?"
So ist das. So war das. Schon vor knapp dreißig Jahren. I know ein paar english words, folglich you are a depp. Man ist nicht jemand, weil man etwas kann oder weiß (so gut Englisch wie die konnte ich auch, das ist nicht der Punkt), sondern weil man das bisschen, was man weiß, auf der Zunge trägt, seine Maulaffen nicht nur feilhält, sondern den Leuten um die Ohren haut. Politik und Wirtschaft bauen inzwischen voll und ganz auf dieses Prinzip. Wehe dem, der sich diesem Zeitgeist verweigert! (Na ja, gut, oder: wohl dem, der ihm schon wieder einen Schritt voraus ist, alles Gute, TED110!)
Das mit dem "Tschieses" ging übrigens unvermindert weiter.
Geschehen in einer Werbeagentur.
Womit ich mich denn auch für den schon mal gebrauchten Ausdruck "Rotznasen in der Werbung" nachträglich legitimiert haben möchte. Denn ich war dabei. Also unter ihnen.
TED110 (Prikaži profil) 28. november 2007 19:43:45
Und dann war letztes Jahr noch die "lol"-Welle. Über Witze hat man nicht mehr gelacht, sondern "lol" gesagt... sind diese Witze dann noch komisch, oder ist Lachen in unserer Gesellschaft nicht mehr automatisiert?
Wenn (vor allem ältere Menschen, die es nötig haben) Leute "Hallo" zu mir sagen, die ich nicht kenne, dann kommt mir manchmal sogar ein "selber Hallo" raus . Manchmal sage ich dann auch Hallo, egal ob der Herr 20 oder 80 ist. Schließlich bin ich alt genug, um das Siezen oder Ihrzen zu beanspruchen, und ich bin ein äußerst distanzierter Mensch, auch wenn das in der "Hey-cool-friend"-Amerikawelle nicht ankommen mag. Vielleicht bin ich auch misantrophisch, mir doch egal; ich bin nicht Jedermanns-Freund und das zeige ich gut und gerne.
Aber "Hallo" ist doch schon "super-ehrvoll", bei uns ist es dann entweder "Heil" (diese Problematik habe ich schonmal besprochen) oder "Hi" - weiß' nicht, was schlimmer ist, gelt?
Ich sehe das auch so, wenn jemand was weiß, dann hat er das nicht als Sandbrot-Mann überall wie ein Schild ausgehängt... "Ai spiik Inglisch - Coole Mesage, Alta!"
Ich glaube nicht, dass viele Menschen in meinem Umfeld wissen, was ich weiß oder was ich gerne mache. Warum soll ich damit auch prahlen gehen, es interessiert doch niemanden - also komme ich damit nicht an und mache lauter Finnozistische Ausdrücke, oder was ?
Früher hat man das Kollektiv im Westen verdonnert, jetzt scheinen wir ihm regelrecht hinterherzujagen. Oder ist nicht auch der Konsum und "the zeitgeist" (schade das es da nicht so ein nettes, total bescheurtes Englisches Wort gibt wie "team spirit") Schuld an diesen Waste
Oberhammer of the week - kann ich da nur sagen. (von einem "Discounter")
donmiguel (Prikaži profil) 28. november 2007 20:46:27
Und an Lanctup: Gute Annekdote! Ich muss jedoch gestehn, dass ich und meine Kollegen nicht nur eine "Tschiises Kräist"-Phase hatten. Besser: "Tschiises Eitsch Kräist" (Jesus H. Christ). Es ist jedoch durchaus als Parodie verstanden worden, aber hatte sich trotzdem für einen Moment festgesetzt. Und übrigens hat jeder, der etwas auf sich gibt, einen Mittelbuchstaben => Jesus H. Christ hehe.
N'Abend
stefanspaul (Prikaži profil) 28. november 2007 21:43:05
Als die heiligen drei Könige auf dem Weg nach Bethlehem waren und nach langem Suchen endlich die Krippe gefunden hatten und diese dann betraten, so stieß sich doch der Längste unter ihnen (Balthasar?) just beim Betreten derselben den Kopf und rief folglich aus: "Jesus (H.) Christ!" - Worauf Josef dann antwortete: "Now, that's a good name! We were going to call him Fred!"
Lanctupo (Prikaži profil) 28. november 2007 23:37:48
We were going to call him Fred!*brüüüll!* Stark!
TED110 (Prikaži profil) 29. november 2007 20:44:32
Andere Sprachen haben nicht diese Leichtigkeit beim Bauen von Komposita, und müssen sich oft an hässliche Dativ-Pseudogenitiv Konstruktionen festhalten: "orde d´emploi" anstatt "emploiordre" natürlich... das ist wohl auch der Grund, warum die Franzosen schnell das Wort "le waldsterben" einführten.
Nur wenige Länder haben übrigens eine derartige Wortbildungsmöglichkeit ( ) ... Finno-Ugristiker unter euch wissen aber vielleicht, dass dieselben Sprachen ebenfalls schöne Sätze verpacken können: "ylinopeussakko" anstatt "sakko liian nopeasti nopeukselle" (übersetzt: Geldstrafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung - übergeschwindigkeitsstrafe).
Was ist der Unterschied? Wir sagen "dschiisäs", wo sich "ieesuhs" gehört... wir sagen "Dschäntelmän", wo sich "Gendlemann" gehört... Anglophone scheinen sich anscheinend weniger zu schämen "zoitgoist", "hindrländ" usw. zu sagen... und "lö woldstörbön"? Warum erzwingen wir uns die Englische Phonetik bei Lehnwörtern? Sind wir keine Deutschen mehr?
Schön ist auch die andere Variante: "Bridge" (Kartenspiel) heißt auf Tschechisch "bridž"; Slawen, auch die, die nicht Kyrillisch schreiben, tuen sich damit anscheinend weniger schwer... wir dagegen scheinen regelrecht unser Gesicht zu verlieren, wenn wir sowas je vorhätten... zum Glück gewöhnen sich viele an den "Frisör" langsam.
Lanctupo (Prikaži profil) 01. december 2007 00:37:56
TED110:zum Glück gewöhnen sich viele an den "Frisör" langsam.Also, ich war nun wirklich schon sehr, sehr, sehr lange nicht mehr bei einem solchen, und weiß das nicht so genau, aber - hat der nicht längst dem Coiffeur Platz gemacht? (Freue mich schon auf den "Kwafför", werde den aber wahrscheinlich nicht mehr erleben - den Hair Dresser hingegen gibt's bereits ... den Haarschneider zwar auch, aber das ist ein Gerät. Wie wär's mit "Haarkünstler"? Das würde der betreffenden Zunft doch zur Ehre gereichen! Nun gut, ich seh's ein, zu deutsch.)